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Ernährungstipps: 

Vorsicht bei Nahrungs-Ergänzungsmitteln 

Die Branche der Nahrungsergänzungsmittel boomt und auch Fußballprofis greifen vermehrt zu Makro- und Mikronährstoffpräparaten. Schließlich haben Leistungssportler einen höheren Bedarf als der Durchschnittsbürger – oder? Das Expertenteam vom VDV-Gesundheitspartner medicos.AufSchalke um Dr. Stefan Middel, Leitender Arzt Sportmedizin, und Marion Schüler, Leitende Ökotrophologin, klärt die wichtigsten Fragen und Irrtümer zum Thema Nahrungsergänzungsmittel.

Was sind eigentlich Nahrungsergänzungsmittel und für wen sind sie geeignet? 

Nahrungsergänzungsmittel (auch „Supplemente“ genannt) enthalten Nährstoffe, wie sie auch in natürlichen Lebensmitteln vorkommen, allerdings hoch konzentriert in Kapsel-, Pulver- oder flüssiger Form. Bei ausgewogener und abwechslungsreicher Ernährung sind sie in der Regel verzichtbar. Ein unkontrollierter Einsatz von Supplementen sollte unbedingt vermieden werden, da es beispielsweise bei der übermäßigen Zufuhr von fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) zu gesundheitsschädlichen Wirkungen kommen kann. 

Sollten Fußballer und andere Athleten eher auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen als der Durchschnittsbürger? 

Eine Verpflichtung besteht definitiv nicht. Durch die erheblichen Trainingsumfänge besteht zunächst ein erhöhter Kalorienbedarf, mit dem aber in der Regel auch der Vitaminbedarf abgedeckt werden kann. Die erste Maxime in der ernährungsmedizinischen Betreuung von Leistungssportlern lautet daher: „Nutrition First“. Allerdings müssen wir uns selbstkritisch fragen, ob wir diesem Postulat einer ausgewogenen mediterranen Kost in unserem Alltag tatsächlich gerecht werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich dann in der Tat die Frage nach Nahrungsergänzungsmitteln. 

Warum haben Sportler einen höheren Energie- und Nährstoffbedarf? 

Trainingsumfänge von über 20 Stunden pro Woche sowie die energieintensiven Spieltage führen zu einem Kalorienmehrbedarf von über 2000 Kilokalorien pro Tag. Ein echter Mehrbedarf an Nährstoffen besteht für die Makronährstoffe Wasser, Kohlenhydrate und Protein. Bei den Vitaminen und Mineralstoffen ist es prinzipiell so, dass, falls überhaupt ein erhöhter Bedarf vorliegt, in der Regel keine höhere Zufuhr nötig ist, um diesen zu decken, als bei Nicht-Sportlern. Der Grund hierfür ist, dass die empfohlene Zufuhr für Nicht-Sporttreibende bereits einen großen „Sicherheitszuschlag“ enthält, sodass ein leicht erhöhter Bedarf bei Sportlern damit bereits berücksichtigt wäre. Es ist also nicht erwiesen, dass der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen bei Sportlern wirklich erhöht ist, aber falls er es ist, wäre er durch die zur Deckung des erhöhten Energiebedarfs notwendige Mehraufnahme vermutlich bereits kompensiert. 

Beim Ausdauertraining kommt es im Gegensatz zum Krafttraining vor allem darauf an, dass die Kohlenhydratspeicher gut gefüllt sind. Sind die Kohlenhydratspeicher leer, zum Beispiel nach einem 90-minütigen Fußballspiel (gegebenenfalls mit zusätzlicher Verlängerung), zapft der Körper auch die Eiweißreserven vermehrt an und nutzt die Aminosäuren zur Energiegewinnung. Bei laufintensiven Spielsportarten sollte die Eiweißzufuhr daher auf 1,2 – 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht gesteigert werden. Die genannte Menge wird durch eine abwechslungsreiche Mischkost aber in der Regel erreicht: Seit Jahren liegt die durchschnittliche Eiweißaufnahme in der Bevölkerung bei 1,4 - 1,6 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. 

Wie wichtig ist Ernährung im Allgemeinen für Fußballprofis, um ihr Potenzial abzurufen? 

Eine dem Leistungsumfang kalorienangepasste ausgewogene Ernährung ist die Basis. Welche zusätzlichen Maßnahmen sinnvoll sind, wird in zahlreichen internationalen Studien behandelt, die zum Teil kontroverse Ergebnisse gebracht haben. Wichtig ist die kompetente Beratung der Spielerinnen und Spieler – auch und vor allem zu kontroversen Ernährungskonzepten –, da ansonsten das Internet als teilweise fragwürdiger Ratgeber genutzt wird. Dabei ist auch zu beachten, dass der Nahrungsmittelergänzungsmarkt schlecht überwacht wird und zu den „harmlosen“ Vitaminen teilweise Anabolika beigemischt werden, die dann zu entsprechenden Problemen bei Dopingkontrollen führen können. Wichtig ist die individuelle Beratung des Spielers oder der Spielerin durch das medizinische Fachpersonal (zum Beispiel Hausarzt, Ökotrophologe oder Physiotherapeut, der in der Praxis häufig der erste Ansprechpartner ist). Um eine wirkungsvolle Beratung zu ermöglichen, muss das Datenmaterial den medizinischen Beraterinnen und Beratern zur Verfügung gestellt werden. 

Welche Substanzen können noch ungewollt zu Problemen führen? 

Nachdem das Koffein bereits von der Dopingliste gestrichen wurde, ist nun die bekannte leistungssteigernde Wirkung von Koffein in der Dosis von 3 bis 6 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht wieder ein Thema. In einigen Energy-Drinks und Energieriegeln ist so viel Koffein bereits enthalten. Es gilt aber, dass man generell nichts in der Spielsituation ausprobieren sollte, was nicht vorher im Training getestet wurde. Die Aufnahme von Koffein wird von den Anti-Doping-Agenturen weiter beobachtet, aber nicht sanktioniert. Zurückhaltung sollte geübt werden gegenüber Multivitaminpräparaten: Bei chronischer ungezielter Einnahme von Multivitaminpräparaten ist sowohl bei der Leistungsfähigkeit als auch bei der Vorbeugung von Erkrankungen keine Verbesserung zu erwarten. Es gibt sogar Hinweise in der Literatur, dass Trainingseffekte blockiert werden und Verbesserungen der Leistungsfähigkeit ausbleiben. 

Welche Vitamine und Mineralstoffe kommen bei „uns“ (Menschen in Westeuropa) tendenziell zu kurz und könnten daher sinnvollerweise supplementiert werden? 

Im Rahmen der nationalen Gesundheitssurveys des Robert Koch-Instituts (RKI) wurden repräsentative Daten zur Jod-Urinausscheidung für die deutsche Bevölkerung erhoben. Die Jodzufuhr ist demnach definitiv zu niedrig und muss gesteigert werden. Eine sehr gute natürliche Jodquelle für die regelmäßige Basisversorgung sind Meeresfisch und Meeresfrüchte. Im Rahmen des vertretbaren Salzkonsums ist zudem jodiertes Salz gegenüber nicht jodiertem zu bevorzugen. In den sonnenarmen Wintermonaten kann es darüber hinaus zu einer Vitamin-D-Mangelversorgung kommen, die ausgeglichen werden sollte. Ein solcher Mangel sollte jedoch vorab durch einen Bluttest bestätigt werden. Da die Aufnahme des Vitamin-D-Präparates Schwankungen durch unterschiedliche Resorption (Aufnahme des Stoffes durch den Körper) unterliegt, sollte darüber hinaus eine Kontrollblutuntersuchung den Effekt der Supplementation dokumentieren. 

Gibt es Supplements, die speziell für Fußballer sinnvoll sein können? 

Eines der häufigsten Probleme bei Sportlerinnen und Sportlern ist Eisenmangel. Die Symptome sind jedoch vielfältig, unspezifisch und entwickeln sich langsam und schleichend. Im Training und Wettkampf macht sich ein Eisenmangel oft durch Leistungseinbußen bemerkbar, die unter anderem durch Atemnot oder veränderte Pulswerte offensichtlich werden. Der beste Schutz vor Eisenmangel ist auch hier eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung. Immer mehr Sportler sind Vegetarier und Veganer. Pflanzliche Lebensmittel enthalten zwar Eisen, dieses wird aber vom Körper nicht so gut aufgenommen beziehungsweise verwertet wie das Eisen aus Fleisch, Fisch oder Eiern. Die Kombination dieser Lebensmittel mit Vitamin-C-haltigen Produkten hilft dabei, dem Körper mehr Eisen zur Verfügung zu stellen. Auch wenn ein Eisenmangel häufig ist, darf jedoch keine Eisengabe ohne vorherige Laboranalyse erfolgen. Die richtige Eisendosis muss dann individuell festgelegt werden. 

Wo kann ich mich als Profi sonst noch über Nahrungsergänzungsmittel informieren? 

Im Dschungel der Nahrungsergänzungsmittel ist Aufklärung wichtig. Spielerinnen und Spieler sollten sich jederzeit an ihr medizinisches Fachpersonal wenden können. Hilfreich sind auch: 

1. Die Kölner Liste, eine Initiative aus dem Sport, führt Nahrungsergänzungsmittel und Sportlernahrung mit reduziertem Dopingrisiko auf.

2. Der Supplementguide der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS) ist eine unabhängige Schweizer Ressource für Informationen zu im Sport eingesetzten Supplementen (inklusive portnahrung). Die Informationen beziehen sich bewusst auf Nährstoffe und weitere Substanzen und nicht auf spezifische Produkte des Handels. 


Gut zu wissen:

1. Fußballprofis haben einen Kalorienmehrbedarf von über 2.000 kcal pro Tag.

2. In der Regel deckt die Kalorien-Mehraufnahme auch den (minimalen) Mehrbedarf an Mikronährstoffen ab.

3. Eines der häufigsten Defizite bei Sportlerinnen und Sportlern ist Eisenmangel.

4. Laut Robert Koch-Institut ist in Deutschland eine Mangelversorgung von Jod und Vitamin D am häufigsten.

5. Dopinggefahr: Manche Nahrungsergänzungsmittel sind mit Dopingmitteln verunreinigt. 

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