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Judith Steinert

Vom Odenwald in den Schwarzwald 

Nach elf Jahren bei ihrem Heimatklub TSG Hoffenheim wagte Judith Steinert (28) im vergangenen Jahr den Schritt aus der Komfortzone und wechselte zum Ligakonkurrenten SC Freiburg. Wie sie sich im Breisgau eingefunden hat, was ihre Ziele für die laufende Spielzeit sind und welche Rolle die VDV bei ihrem Klubwechsel spielte, erzählt sie im Interview mit WIR PROFIS. 

WIR PROFIS: Judith, du bist gebürtige Mosbacherin und hast über ein Jahrzehnt „nebenan“ bei der TSG verbracht. Wie schwer fiel dir der Abschied aus Sinsheim? 

Judith Steinert: Es war klar, dass die Ein- und Umgewöhnung nicht von heute auf morgen klappt. Ich war elf Jahre lang beim gleichen Klub und quasi immer im gleichen Umfeld unterwegs. Da ist es glaube ich normal, dass man ein bisschen Schwierigkeiten hat, sich umzustellen. Mittlerweile habe ich mich aber gut eingelebt und bin – auch dank der VDV – zu 100 Prozent in Freiburg angekommen! 

WIR PROFIS: Wie hat dich die Spielergewerkschaft bei deinem Wechsel unterstützt? 

Judith Steinert: Während meiner Endphase in Hoffenheim, als es für mich sportlich nicht mehr so zufriedenstellend lief, hatte ich sehr engen Kontakt zur VDV. Sie hat mich bei meinem Wechsel nach Freiburg begleitet und zum Beispiel auch meinen Vertrag noch einmal geprüft. Generell finde ich es sehr hilfreich, solche Kontakte zu Experten zu haben, auf die man sich verlassen kann, wenn doch mal etwas passiert. 

WIR PROFIS: Was ist eigentlich deine Idee vom perfekten Fußball? 

Judith Steinert: Als Verteidigerin lege ich viel Wert darauf, den Ball flach von hinten rauszuspielen, anstatt lange Bälle zu schlagen. Ich will das Spiel als Mannschaft kontrollieren und viel Ballbesitz haben. Und wie gesagt: Wenn es mal brenzlig wird, sollte die erste Lösung sein, sich aus der Situation herauszukombinieren. 

WIR PROFIS: „Kaiser“ Franz Beckenbauer hatte mit seinem Erfolgsrezept also recht: Flach spielen, hoch gewinnen? 

Judith Steinert: (lacht) Ich finde schon. Aber es gibt natürlich Trainer, die andere Ansätze haben. Ich musste mich bei meinem Wechsel nach Freiburg auch umgewöhnen, was den Spielstil angeht. Wir verfolgen hier einen etwas anderen Ansatz als in Hoffenheim. Vorher haben viele Mechanismen, die sich über die Jahre eingespielt hatten, bei mir einfach automatisch gegriffen. Das funktioniert natürlich nicht so einfach in einem neuen Team mit anderen Mitspielerinnen, einer anderen Trainerin und anderen Prinzipien.

WIR PROFIS: Wobei du positionstechnisch ja ziemlich flexibel bist … 

Judith Steinert: Das stimmt, in meiner Jugend habe ich noch viel im Zentrum und auf der Sechs gespielt. Im Profibereich hat es sich dann so ergeben, dass ich auf die Außenpositionen gewechselt bin. Alles hat seine Vor- und Nachteile: Einerseits kann ich viele Positionen spielen, andererseits bin ich selten richtig eingespielt; Fluch und Segen (lacht). Mittlerweile habe ich das Spiel auch lieber vor mir als mit dem Rücken zum Geschehen zu stehen. Das geht auf den Außenpositionen etwas besser als im Zentrum. 

WIR PROFIS: Ist es eigentlich Zufall, dass deine neue Heimat ebenfalls in Baden-Württemberg liegt oder brauchst du deine Familie in Reichweite? 

Judith Steinert: Das hat bei der Entscheidung für Freiburg mit hineingespielt, definitiv. Ich bin ein sehr familiärer Mensch und besuche gerne meine Heimat im Odenwald. Mir ist aber nicht nur wichtig, dass ich meine Eltern regelmäßig besuchen kann, sondern dass auch sie weiterhin die Möglichkeit haben, zu jedem Heimspiel zu kommen. Hinzu kommt, dass die Region hier mit dem Schwarzwald und der Umgebung sehr ländlich ist und Ähnlichkeiten mit meinem Zuhause hat. Ich fühle mich hier auf jeden Fall total wohl! 

WIR PROFIS: Was sind eure Ziele für die Frauen-Bundesliga-Saison 2023/24? 

Judith Steinert: Wir wollen auf jeden Fall besser abschneiden als letzte Saison – das haben wir als Mannschaft intern auch schon thematisiert. Wir wissen, wo unsere größten Probleme liegen. Wir wollen definitiv weniger Tore kassieren und mehr schießen. Das ist zunächst einmal wichtiger, als einen bestimmten Tabellenplatz anzupeilen. Wir sind da realistisch und wollten erst einmal die vielen kleinen Baustellen beseitigen. Dann schauen wir mal, wie weit wir damit kommen. 

WIR PROFIS: Wie zufrieden oder unzufrieden bist du mit dem ersten Viertel der Saison? 

Judith Steinert: Es war nicht alles schlecht, aber vieles noch nicht gut. Mit dem Punkt und der Leistung gegen Bayern München waren wir zum Beispiel zufrieden. Ärgerlich sind dann die Duelle, die du eigentlich gewinnen musst. Beim 2:2 in Duisburg haben wir beispielsweise spät noch Punkte liegengelassen. Die Teams, die in der Tabelle nah bei uns sind, müssen wir einfach schlagen – das sollte unser Anspruch sein. Und der wird sich auch im weiteren Saisonverlauf nicht ändern. 

WIR PROFIS: Was hast du dir persönlich für deine zweite Spielzeit in Weiß-Rot vorgenommen? 

Judith Steinert: Ich möchte hier auf jeden Fall noch mehr Verantwortung übernehmen. Ich zähle jetzt zu den älteren Spielerinnen im Kader und möchte meine Erfahrung einbringen. Natürlich läuft bei mir nicht immer alles gut und ich mache auch mal Fehler. Trotzdem will ich eine der Spielerinnen sein, die in schwierigen Zeiten vorangeht. 

WIR PROFIS: Apropos Erfahrung: Mit Hoffenheim hast du bereits in der Champions League gegen Teams wie den FC Barcelona oder den Arsenal WFC gespielt. Was war das für eine Erfahrung? 

Judith Steinert: Eine richtig, richtig coole! Obwohl wir eine deutliche Niederlage einstecken mussten, war es sehr beeindruckend, den Spielstil von Barcelona live auf dem Platz zu erleben. Natürlich war es frustrierend, wenn die ihre langen Ballbesitzphasen spielen und man selbst kaum an den Ball kommt (lacht). Da ich aber, wie bereits erwähnt, selbst großer Fan dieses Spielstils bin und wir ohnehin kaum eine Chance hatten, war es eine besondere Erfahrung. Dass der Fußball der Frauen in Spanien und auch in England bereits eine sehr hohe Wertschätzung genießt, hat man bei den Auswärtsspielen ebenfalls gemerkt. Wobei es ja auch bei uns so ist, dass sich einiges tut und die Stadien immer voller werden. Das macht für uns Spielerinnen schon einiges aus! 

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