Weil bei uns der Spieler als Mensch zählt!
DFL-Bundesliga-Register wird zwei Jahre alt
„Über 1.500 Verletzungen und Erkrankungen wurden bezüglich einer Präventionsmöglichkeit schon untersucht“
Bereits in der letzten WIR PROFIS Ausgabe (2/2024) hatten wir das Bundesliga-Register zu Verletzungen und Erkrankungen bei unseren Profis vorgestellt: Eine Studie, bei der Teamärzte von anonymisierten Verletzungsdaten anderer Klubs sowie Interaktionsmöglichkeiten und Hilfestellungen profitieren. Nun sprachen Prof. Dr. med. Dr. biol. hom. Volker Alt, Studienleiter des Bundesligaregisters und Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Regensburg, und Studienkoordinator Dr. med. Dominik Szymski, mit uns über die ersten Ergebnisse der Auswertung.
PROFIS: Herr Szymski, seit knapp zwei Jahren steht den Medizinern der Bundesliga-Klubs das Verletzungsregister der DFL zur Verfügung. Welches Fazit ziehen Sie bisher?
Dominik Szymski: Ein sehr positives! Die Vereine zeigten von Anfang an sehr gute Rückmeldung. Vergleicht man die ersten beiden Jahre miteinander, fällt auf, dass Ärzte und Physiotherapeuten mittlerweile viel besser mit dem sehr sicheren Abfragesystem eingespielt sind als noch zu Beginn. Sowohl bei der jährlichen Managertagung der DFL, als auch bei den Medizinertreffen der Bundesliga-Klubs untereinander, bekamen wir nur positive Rückmeldung und wollen unser System deshalb weiterhin für eine bessere Handhabung weiterentwickeln. Außerdem konnten wir im Laufe der Spielzeit 2023/2024 gewisse Beobachtungen und Trends zu bestimmten Verletzungen oder Erkrankungen aus dem ersten Jahr bestätigen.
WIR PROFIS: Zum Beispiel?
Dominik Szymski: Etwa die Tatsache, dass vor allem Muskel- und Sprunggelenksverletzungen einen Großteil der Einträge im Register ausmachen und ein Fokus der Prävention sind. Bei beiden Verletzungstypen haben wir mittlerweile über 500 Einträge und können den medizinischen Abteilungen schon gutes Feedback zu Ausfallzeiten oder Therapiemöglichkeiten geben. Hinzu kommt, dass auch bei Kopfverletzungen und Knieverletzungen eine gute Datenlage vorhanden ist und erste Detailanalysen möglich sind.
WIR PROFIS: Welche Rückschlüsse können aus dieser Beobachtung gezogen werden?
Volker Alt: Hier sollten wir uns nach Start des Registers mit eindeutigen Aussagen etwas zurückhalten, da die Faktoren vielschichtig sind. Wir können anhand der Daten und der ersten Analysen Verletzungsschwerpunkte definieren, welche zu einer Vielzahl von Ausfalltagen für Spieler und Vereine geführt haben und nun in einer detaillierten Auswertung so wissenschaftlich untersucht werden, damit Ärzte und Physiotherapeuten der Teams neue und relevante Informationen erhalten.
WIR PROFIS: Welche Studienergebnisse haben Sie besonders überrascht?
Dominik Szymski: Nicht überrascht, aber in einigen Punkten bestätigt. Zum Beispiel darin, dass Berufssport viele Verletzungen verursacht und nur wenige Spieler überhaupt verletzungsfrei durch die Saison kommen. Es sind nämlich gerade einmal 9 Prozent aller Profis, die es ohne größere Blessuren durch die Saison schaffen. Wohlgemerkt geht es hier nur um Verletzungen, die den Bewegungsapparat betreffen und nicht um Ausfallzeiten durch andere Krankheiten, die im Verletzungsregister aber ebenfalls noch erfasst werden. Apropos: Eine weitere Überraschung für uns waren die hohen Ausfallzeiten durch Magen-Darm-Erkrankungen. Teilweise sind die Spieler damit mehrere Wochen lang ausgefallen. Hier forschen wir als nächstes, weshalb das in solchen Einzelfällen so ist.
WIR PROFIS: Das Bundesliga-Register dient auch als Interaktionsmöglichkeit für Teamärzte. Gibt es bereits konkret Fortschritte in Sachen Prävention oder Therapie, die durch den Austausch erzielt wurden? Dominik Szski: Es ist auf jeden Fall in den ersten beiden Jahren des Bundesliga-Registers schon erkennbar, dass unsere Bundesliga-Ärzte sehr vorsichtig mit Kopfverletzungen umgehen und dass sich die Teams vorbildlich an das DFL-Protokoll zu Kopfverletzungen halten. Kopfverletzungen können um einiges schlimmer werden, wenn sie im Eifer des Gefechts und in der Kürze der Zeit auf dem Spielfeld nicht ausgiebig medizinisch überprüft werden können. Den Spielern kann ich nicht verübeln, wenn sie direkt weiterspielen wollen. Umso wichtiger ist hier ein vernünftiger und konsequenter Umgang mit dem Thema durch die Teamärzte. Das Beispiel von Dr. Kern von der TSG Hoffenheim in der letzten Saison ist ein bekanntes Beispiel für eine solche Kopfverletzungssituation bei einem Bundesliga-Spiel, dass der Entscheidungsträger bei Kopfverletzungen der Mannschaftsarzt und nicht der betroffene Spieler selbst oder eine andere Person sein sollte. Nur so kann man schwere Komplikationen und Langzeitverfolgen bestmöglich verhindern.
Volker Alt: Insgesamt können die Teamärzte durch ihre Einträge voneinander lernen und beispielsweise in Zukunft neue bzw. spezielle Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten zum Beispiel für die häufigen Verletzungen im Fußball, aber auch für selten vorkommende Erkrankungen, die sie selbst noch nicht bei ihren Spielern hatten, miteinander vergleichen. Darüber hinaus gibt es unter den teilnehmenden Ärzten und Physiotherapeuten auch Arbeitsgruppen mit bestimmten Schwerpunktthemen, die sich mehrmals pro Jahr austauschen, um gemeinsam die Ergebnisse zu analysieren und die Einträge in ihrem Spezialgebiet zu untersuchen. Dieser Austausch zu Themen wie Kopfverletzungen, Knie- oder Muskelverletzungen hilft natürlich dann auch allen weiter!
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