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VDV-Recht

Spanien: Volles Gehalt auch bei Krankheit

Anders als in Deutschland gibt es in vielen anderen europäischen Ländern bereits Tarifverträge im Profifußball. Diese garantieren Rechtssicherheit und faire Arbeitsbedingungen. In Spanien profitieren die Profis beispielsweise von tarifvertraglichen Mindestgehältern sowie von einer lukrativen Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall. WIR PROFIS sprach darüber sowie über einige Besonderheiten des spanischen Sportrechts mit Dr. Sven Wassmer, der als Rechtsanwalt in Madrid tätig ist.

WIR PROFIS: In Deutschland sehen die Musterarbeitsverträge der DFL und des DFB keine Gehaltsfortzahlung über die gesetzlich vorgeschriebene Dauer von sechs Wochen hinaus vor. Welche Regelungen gelten im spanischen Profifußball? 

Dr. Sven Wassmer: Die Tarifvereinbarung schreibt vor, dass die Klubs im Fall des Arbeitsausfalls wegen Krankheit oder Verletzung die Zahlungen der Sozialversicherung ergänzen; und zwar bis zu 100 Prozent des vereinbarten Gehalts und bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit des Arbeitsvertrags. Die betroffenen Spieler haben also keinen Verdienstausfall. Und sie haben laut Tarifvertrag die Sicherheit, dass sie ihr Gehalt – ohne Zusatzversicherung – bis zum Vertragsende in voller Höhe erhalten.

WIR PROFIS: Für Lizenzspieler in Deutschland gilt zwar ein statutarisches Mindestgehalt. Dieses beträgt maximal allerdings nur 50 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung. Das statutarische Mindestgehalt eines Vertragsspielers beträgt sogar nur 250 Euro pro Monat, wobei allerdings die Bestimmungen des gesetzlichen Mindestlohns zu beachten sind. Welche Regelungen zum Mindestgehalt gelten in Spanien? 

Dr. Sven Wassmer: Es existiert ein garantiertes Mindestgehalt im spanischen Profifußball. Die Spieler der Primera Divisón (Primera oder LaLiga Santander) haben einen Anspruch auf rund 160.000 Euro brutto pro Jahr. In der Segunda Divisón (Segunda A oder LaLiga SmartBank) gibt es die Hälfte, also circa 80.000 Euro brutto jährlich. Für Spitzenspieler mit sehr hohen Einkommen hat der Anspruch auf das tarifvertragliche Mindestgehalt zwar keine praktische Relevanz. Obwohl es geringe Ausnahmen gibt, so können Vereine unter bestimmten Voraussetzungen bis zu drei Spieler zwischen 18 und 23 Jahren mit einem etwas geringeren Gehalt (150.000 Euro beziehungsweise 75.000 Euro) im Kader haben, sind die Regelungen zum Mindestgehalt hingegen sehr relevant und vorteilhaft für andere Spieler – beispielsweise für Talente in kleineren Klubs.

WIR PROFIS: Inwieweit werden die Profis in Spanien im Fall von ausstehenden Gehaltszahlungen geschützt? 

Dr. Sven Wassmer: Im spanischen Profifußball besteht schon seit einiger Zeit ein tarifvertraglicher Sozialfond. Grob umrissen garantiert dabei die Liga unter bestimmten Voraussetzungen das Gehalt von Spielern bis zu einer bestimmten Obergrenze im Falle von Zahlungsausfällen durch den Verein. Dank der Sanierung der Vereine der ersten und zweiten Liga durch die strenge Kontrolle der Liga und die Bestimmungen der Liga zur wirtschaftlichen Kontrolle und „Financial Fair Play“ ist dieser Sozialfond in den letzten Jahren zum Glück nicht mehr allzu praxisrelevant, hat aber in vorherigen Jahren vielen Spielern geholfen, man denke nur an die zahlreichen Konkursverfahren von Vereinen der Primera und Segunda A.

Sehr praxisrelevant und interessant für eine große Anzahl von Fußballspielern ist im Übrigen, dass ein solcher Sozialfond von dem spanischen Fußballverband letztes Jahr auch in der dritten Liga („Segunda B“) und in unterklassigen Ligen eingeführt wurde, sodass gerade Spieler geschützt werden, welche ihren Beruf gegen ein geringeres Gehalt ausüben und die stärker der Gefahr einer Insolvenz ihrer Arbeitgeber, der Vereine, ausgesetzt sind.

WIR PROFIS: In Deutschland können befristete Arbeitsverträge von Berufssportlern grundsätzlich nicht ordentlich gekündigt werden. Wie ist dies in Spanien geregelt? 

Dr. Sven Wassmer: In Spanien kann ein befristeter Arbeitsvertrag von Berufssportlern einseitig und auch ohne besonderen Grund gekündigt werden – und zwar sowohl vom Spieler als auch vom Klub. Das Gesetz über Arbeitsverhältnisse von Berufssportlern sieht ausdrücklich vor, welche rechtliche Konsequenzen eine solche einseitige Kündigung hat, falls diese „unfair“ und damit rechtswidrig ist.

WIR PROFIS: Unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung rechtswidrig, und welche Ansprüche können Spieler und Klubs dann jeweils geltend machen? 

Dr. Sven Wassmer: Die Möglichkeit und die Folgen einer einseitigen Kündigung von Arbeitsverträgen von Berufssportlern werden durch die Königliche Verordnung über Arbeitsverträge von Berufssportlern („RD 1006/1985“) geregelt. Eine einseitige Kündigung eines Arbeitsvertrages, sei es seitens des Vereins oder seitens des Spielers, ist grundsätzlich immer rechtswidrig, wenn nicht ausnahmsweise ein rechtfertigender Grund, also zum Beispiel ein schwerer Vertragsverstoß von einer der Vertragsparteien, vorliegt.

Bei einer einseitigen Beendigung durch den Spieler wird die Höhe der an den Verein zu zahlenden Abfindung durch die Ausstiegsklausel festgelegt, welche zum Schutz der Vereine in fast allen Arbeitsverträgen enthalten ist, obwohl keine gesetzliche Verpflichtung diesbezüglich besteht. Diese Ausstiegsklauseln dienen in erster Linie zum Schutz vor einseitigen Kündigungen zum Zwecke des Wechsels zu einem anderen Verein, weshalb sie auch entsprechend hoch sind. Folgerichtig haftet ein neuer Verein des Spielers für die Zahlung dieser Summe. In besonders krassen Fällen kann die Höhe einer Ausstiegsklausel gerichtlich angepasst – also verringert – werden, dies ist allerdings die Ausnahme.

Im Falle der Kündigung durch den Verein, und soweit keine Einigung über die Höhe der Abfindung getroffen wurde, spricht das Gesetz dem Spieler eine Abfindung von mindestens zwei Monatsgehältern zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen zu. Hierbei handelt es sich um eine Mindestabfindung, und das Gericht sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, diese zu erhöhen. So können Spielern auch sämtliche bis zum eigentlich vereinbarten Vertragsende noch offenen Gehälter zugesprochen werden. Bei der Festlegung der Abfindung durch das Gericht spielen die Besonderheiten des Einzelfalles eine entscheidende Rolle, zum Beispiel ist wichtig, ob der Spieler im Anschluss an die Kündigung bei einem neuen Verein unterkommt, ob die Kündigung zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wird, zu welchem das Transferfenster noch offen und ein Wechsel noch möglich ist und so weiter …

Nur am Rande sei erwähnt, dass Profifußballspieler, wie sämtliche Arbeitnehmer in Spanien, nach nunmehr gefestigter oberster Rechtsprechung auch bei Beendigung des befristeten Arbeitsvertrages durch Ablauf einen Anspruch auf Abfindung haben, und zwar in Höhe von zwölf Arbeitstagen pro absolviertem Vertragsjahr.

WIR PROFIS: Inwieweit hat ein Profi in Spanien einen Anspruch auf Teilnahme am Training der Profimannschaft? 

Dr. Sven Wassmer: Auch diese Frage wird von der Spezialnorm RD 1006/1985 geregelt, welche vorsieht, dass Berufssportler einen Anspruch auf effektive Ausübung ihrer Tätigkeit haben und nicht vom Mannschaftstraining ausgeschlossen oder abgesondert werden dürfen. Ein Ausschluss vom Training der Profimannschaft ist also grundsätzlich rechtswidrig.

Neben der Möglichkeit des Spielers, diesen Anspruch gerichtlich durchzusetzen, kann ein anhaltender Ausschluss vom Mannschaftstraining den Spieler im Übrigen dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen Vertragsverstoßes aufzulösen und Schadensersatz vom Verein zu fordern.

Dasselbe Recht kann einem Spieler auch dann zustehen, wenn der Klub ihm keine Lizenz zur Teilnahme am Spielbetrieb ausstellt.

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