Weil bei uns der Spieler als Mensch zählt!
VDV-Proficamp-Teilnehmer Sebastian Jakubiak
Hoffnungsträger auf Reisen
Als einer der Magdeburger Aufstiegshelden von 2022 weiß Sebastian Jakubiak wie Erfolge schmecken. Trotzdem hatte der 30-Jährige in den letzten Jahren immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen – meist in Form von schweren Verletzungen. Umso schöner, dass er aktuell wieder buchstäblich die Sonnenseite des Lebens genießen kann. WIR PROFIS sprach mit Sebastian über seinen neuen Klub Safa Beirut SC, das Niveau der libanesischen Premier League und seine Zeit im VDV-Proficamp.
WIR PROFIS: Sebastian, seit Jahresbeginn bist du im Libanon bei Safa Beirut SC unter Vertrag. Wie kam es zu dem eher ungewöhnlichen Transfer in den Nahen Osten?
Sebastian Jakubiak: Die Entscheidung fiel relativ spontan: Vergangenen Sommer war ich vereinslos und habe, wie ihr wisst, meine Saisonvorbereitung unter Peter Neururer im VDV-Proficamp bestritten. Danach habe ich noch eine Weile in meiner Heimat Lübeck individuell trainiert, als über meinen Berater der Kontakt zu Safa Beirut zustande kam. Der Klub hat mich dann erst einmal eingeladen, um meinen Fitnesszustand zu testen. Als sie direkt gesehen haben, wie fit ich bin, wurde es sehr schnell sehr konkret. Offiziell bin ich seit dem 1. Februar ein Teil des Teams – pünktlich zum Start der Meisterrunde.
WIR PROFIS: Die libanesische Premier League spielt ihren Meister etwas anders aus als die Bundesliga …
Sebastian Jakubiak: Genau, das System ist ein bisschen so wie man es aus Belgien kennt: Es gibt einen normalen Ligabetrieb mit anschließenden Playoffs, in denen dann der Meister ermittelt wird. In diesem Jahr wollen wir uns unbedingt für die Playoffs qualifizieren, also unter die ersten sechs Teams der Vorrunde kommen. Da sind wir aktuell auf einem ganz guten Weg. In der nächsten Saison wollen wir dann den großen Angriff auf den Titel wagen!
WIR PROFIS: Der Libanon ist kein alltägliches Reiseziel und aktuell ist die politische Lage in der Nähe unruhig. Wie hast du deine Zeit und das Land bislang wahrgenommen?
Sebastian Jakubiak: Davon hatte ich vorher auch einiges mitbekommen. Der politische Konflikt ist natürlich unschön, er findet aber eher im Süden des Landes statt, an der Grenze zu Israel. Hier in Beirut bekommen wir davon zum Glück nichts mit. Deswegen kann ich nur über die Lebensqualität hier vor Ort sprechen – und da muss ich sagen: Hier lebt es sich wirklich sehr gut! Allein das Wetter ist schon deutlich besser als in Deutschland (lacht). Klar, bei uns daheim scheint zwar auch schon die Sonne, aber hier waren es Anfang April bereits angenehme 25 Grad. Das ist aber natürlich nicht der einzige Grund: Die Menschen hier sind einfach sehr herzlich und einladend. Außerdem ist das libanesische Essen wirklich sehr gut! Ich habe zwar noch keine Lieblingsspeise, probiere mich aber gerade fleißig durch die ganzen leckeren Gerichte. Nach etwas mehr als zwei Monaten, die ich jetzt hier bin, kann ich also nichts Schlechtes über das Land sagen. Hinzu kommt, dass kürzlich meine Freundin nachgekommen ist und jetzt mit mir zusammen im Libanon wohnt. Das macht den Aufenthalt natürlich noch schöner!
WIR PROFIS: Bevor du in Beirut unterschrieben hast, standest du unter anderem in Sofia (Bulgarien) und Almelo (Niederlande) unter Vertrag – du scheinst also offen für Orte zu sein, die bei uns weniger im Fokus stehen.
Sebastian Jakubiak: Definitiv! Ich mag es einfach, andere Länder zu besuchen und dabei auch neue Kulturen kennenzulernen, wie jetzt hier im Libanon. Da ist es wirklich praktisch, dass ich mein Reise-Hobby mit der Karriere als Fußballer verbinden kann (lacht). Ich habe zwar vorher lange in Deutschland gespielt, unter anderem beim VfB Lübeck, St. Pauli und dem 1. FC Magdeburg, allerdings nicht, weil ich den Sprung in internationale Gewässer gescheut hätte, sondern weil es sich bis dato einfach nicht ergeben hatte.
WIR PROFIS: Wie ist das sportliche Niveau der libanesischen Liga? Anders gefragt: Wie sehr macht die „Premier League“ ihrem Namen Ehre?
Sebastian Jakubiak: Da muss man ehrlich sein: Was das taktische Niveau angeht, sind viele Teams nicht auf dem Level der europäischen Erstligisten. Auch wenn das ganze Drumherum – Training, Betreuung, Vertragsgespräche – schon sehr professionell ist. Was ich aber sagen muss: Wir haben hier viele Fußballer, die technisch wahnsinnig talentiert sind! Das ist mir schon in der ersten Trainingseinheit aufgefallen. Die Spiele hier sind also bei weitem keine Selbstläufer. Zumal ich als Deutscher quasi unter besonderer Beobachtung stehe.
WIR PROFIS: Warum?
Sebastian Jakubiak: Naja, von einem internationalen Spieler wird aus den eben genannten Gründen schon mehr erwartet als von Einheimischen. Da wird natürlich geschaut: Wo hat derjenige vorher gespielt? Und wenn, wie in meinem Fall, in der Vita steht, dass ich bereits Profi in Deutschland war und in der niederländischen Eredivisie gespielt habe, entsteht automatisch eine erhöhte Erwartungshaltung. Auf mir lastet also schon ein gewisser Druck, den es in der Form bei libanesischen Spielern nicht gibt. Du kommst dann sozusagen als Hoffnungsträger und es wird von Tag eins an Leistung erwartet. Das ist vielleicht nicht unbedingt etwas für jeden, aber ich kann damit gut umgehen. Zumal es am Ende genauso ist wie in Deutschland: Wenn Einsatz und Leistung stimmen, dann hast du auch den Support der Fans. Die freuen sich dann richtig auf dich und das ist ein schönes Gefühl.
WIR PROFIS: Unschöne Gefühle hattest du in den letzten Jahren, zumindest was die sportliche Karriere angeht, leider auch einige. 2021 hat dich beispielsweise ein Achillessehnenriss für viele Monate außer Gefecht gesetzt.
Sebastian Jakubiak: Ja, das war im Spiel gegen Hansa Rostock, als ich noch in Magdeburg war. Es passierte komplett ohne Einwirkung des Gegners: Ich habe eine unglückliche Bewegung gemacht, außerdem war da ein Loch im Spielfeld. Darin bin ich mit der Hacke hängen geblieben und dann war es auch schon zu spät. Das war wirklich eine bittere Zeit. Ich hatte allerdings zuvor, als ich noch in den Niederlanden bei Heracles Almelo unter Vertrag stand, auch schon einen Kreuzbandriss erlitten und wusste daher in etwa, welche Leidenszeit auf mich zukommen würde. Aber auch wenn du weißt, welcher Kampf auf dich zukommt – kämpfen musst du ihn trotzdem. Das ist aus mentaler Sicht nicht leicht, aber ich habe es geschafft und bin jetzt umso glücklicher und dankbarer, dass es mir gut geht.
WIR PROFIS: Dein ganz persönliches Ziel lautet daher erst einmal: gesund bleiben?
Sebastian Jakubiak: Auf jeden Fall! Verletzungsfrei zu bleiben, hat für mich oberste Priorität. Trotzdem will ich natürlich auch möglichst viele Minuten auf dem Platz stehen und mich empfehlen. Da ich aktuell keinerlei Beschwerden habe, steht zum Glück beiden Zielen nichts im Weg (lacht).
WIR PROFIS: Welchen Eindruck hast du von der VDV und dem Aufenthalt im VDV-Proficamp gewonnen?
Sebastian Jakubiak: Dass eine Gewerkschaft für Profis wirklich eine große Sache ist! Ich halte sehr viel von der VDV und ihrem Engagement. Speziell das VDV-Proficamp kann ich allen vereinslosen Spielern nur ans Herz legen. Ich hatte davon natürlich früher schon gehört und bereits vor drei oder vier Jahren darüber nachgedacht, mich für das Camp anzumelden. Als es dann 2023 so weit war, war ich enorm beeindruckt von den professionellen Verhältnissen. Die Bedingungen waren ideal, eigentlich genau so wie die Vorbereitung bei einem Klub. Mannschaftstraining kannst du halt niemals eins zu eins ersetzen. Mir hat die Teilnahme dann auch spürbar weitergeholfen und dazu beigetragen, dass ich jetzt hier sein darf!
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